DAS KLEINE MÄDCHEN
In Facebook wird mir ein Text vom 22. August 2022, also von vor zwei Jahren angezeigt … Die Auseinandersetzung, wer bin ich, läuft schon seit Kindheit an und kommt durch Herausforderungen immer mehr in die Klarheit und vor allem, noch viel wichtiger, in den inneren Frieden. Raus aus den kindlichen Schmerzdramen, durch die Wüste hindurch in der Durst nach dem Wasser des Lebens erscheint und mich weiter drängt, schiebt, hin zum überwinden der Berge aus Konditionierungen, Kindheitsverletzungen und so weiter …
Immer wieder war sie in Beziehungen da, die Kleine die sich in ihr Schneckenhaus zurück zog aus Angst verletzt zu werden, aus Angst den Alltag nicht zu bewältigen, aus Angst das Leben nicht zu schaffen – sich überfordert, hilflos, verlassen, einsam und erstarrt fühlend …
Die erwachsene Frau trat in den Hintergrund und die Sehnsucht danach, gesehen, verstanden, beschützt, unterstützt, geherzt, wahrgenommen zu werden, wurde übergroß … Wurde zu einer Art stillen Forderung an meinen Partner und gleichzeitig damit, die kindliche Weigerung Nähe zuzulassen, „Erwachsenen“ zu vertrauen … Ein Teufelskreis unter der die Erwachsene, an der Verlassenheit und Einsamkeit des kleinen Mädchen litt und begann dem Partner diffuse Vorwürfe zu machen, da das verstörte, überforderte Mädchen, dass was der erwachsenen Frau geschenkt wurde, nicht mehr wahrnehmen, das Gute und Schöne nicht mehr sehen konnte …
Wenn die Wahrnehmen entstand, dass mein Gefährte auf Abstand geht kam sofort: Er mag mich nicht mehr … Ich bin ihm zu anstrengend … zu kompliziert … zu emotional … zu bedürftig … Er wird mich sicher bald verlassen … Und schon begann mein Tanz auf dem Vulkan. Ich warf ihm vor, mich nicht mehr wahr zu nehmen, nicht mehr um mich zu werben, mir seine Liebe nicht mehr zu zeigen, es an Nähe und Zuwendungen vermissen zu lassen …
Die Ebenen verschoben sich. Die erwachsene Frau ward nicht mehr fühlbar und das kleine Mädchen sprach aus mir. Das kleine Mädchen, welches sich nach der bedingungslosen Liebe sehnte und gleichzeitig, wie schon gesagt, Nähe von Erwachsenen nicht zulassen konnte – da von ihnen Gewalt ausgeht …
Ein Gefühl von getrennt sein, trat ein. Vergrößert sich bis ich glaubte, dass ich dem Schmerz nur durch reale Trennung entfliehen kann … Dann war es höchste Zeit zu reden oder oft eher mich zu trennen. Reden war schwierig, da ich lange selbst nicht erfassen und in Worte fassen konnte, was da in mir abgeht. Dabei geht es darum, einfach alles raus zu lassen, was für beide nie einfach ist/war, was oft anfangs chaotisch und auf Trennung heraus zu laufen begann, bis wir beide begannen zu erkennen, dass das kleine Mädchen, der kleine Junge es sind, die da miteinander zu reden versuchen…
Das kleine Mädchen, dass sehr lange nicht glauben konnte, dass es ein wundervoller Mensch ist … Das kleine Mädchen die keinen Selbstwert in sich hatte, den ihr auch niemand mehr geben konnte und schon gar nicht der Partner. Würde er beginnen sich um das kleine Mädchen zu kümmern, oder ich mich um den kleinen Jungen, dann hätten wir verloren … Uns selbst noch mehr verloren. Denn in diesem Moment rutscht jeder in die „gute Mama“ und beide bleiben im kleinen Kind gefangen.
Schwierige Gespräche denen einige „atmosphärische Störungen“ zwischen uns voran gingen, bis mein Gefährte oder ich irgend etwas sagten, was die Erwachsenen in uns wieder auf die Tanzfläche riefen … Dann begann es sich zu entspannen … Dann spüre ich mich selbst wieder und somit auch mein Gegenüber …
Wenn das kleine Mädchen da war, dann war nur eine totale Leere da, das machte mir Angst. Aus dieser Leere entstanden dann unbewusste Forderungen an meinen Gefährten… So ging es uns beiden. Ich wünschte mir, er würde es sehen, spüren und sich mehr um mich bemühen, mir mehr zeigen, dass ich seine Nr. 1 bin … Und gleichzeitig will das kleine Mädchen keinen Kontakt, keine Nähe zu einem erwachsenen Mann …
Nach und nach im Laufe meines Lebensweges wurde mir der Mechanismus immer klarer: Diese Liebe, die ich einst als Kind gebraucht hätte, die kann mir NIEMALS irgend jemand geben – aber es bleibt ein leerer Teil in den ich falle, wenn zu viel los ist und wenn sich in dem Moment mein Partner zurückzieht, sich um sich kümmert, sich Zeit für sich selbst nimmt … (Was sonst, wenn ich Erwachsen bin kein Problem ist …).
Ein Freund sagte einst zu mir:
„Aber wir müssen selbst mit uns alleine sein können.“, und mir wurde klar, das kann ich ja auch… aber eben halt nicht immer… Und manchmal schreit alles in mir nach mehr Zuwendung aber ich kann es nicht sagen … Weil das kleine Mädchen keine Zuwendung will – egal wie sehr sie sich danach sehnt … Aber auch, weil etwas in mir wahrnimmt, dass der einzige Mensch der sich um dieses kleine Mädchen „kümmern“ kann und soll, ich selbst bin, die erwachsene Frau, die Mutter in mir …
Im kleinen Mädchen fühlte ich mich verlassen und wusste nicht mehr, wie ich auf mein Gegenüber zugehen, wie ich mit ihm reden soll. Ich fühlte mich vollkommen verunsichert. Das kleine Mädchen tut sich schwer zu sprechen. Hat Angst, dass wenn sie etwas sagt, dass es zu einem Streit kommt, dass er sich ins Schweigen zurück zieht und ich werde dann noch verzweifelter … Beginne an meiner Liebe zu mir und an seiner zu mir zu zweifeln … Kein Wunder, er liebt die erwachsene Frau, die ist aber in solchen Momenten nicht da ist. Ergo, niemand da der seine Liebe wahrnehmen, spüren und erwidern könnte …
Die erwachsene Frau kann alleine sein, genießt die Zeiten die sie nur für sich hat. Freut sich, dass auch ihr Gefährte allein sein kann und ich mich nicht um ihn „kümmern“, ihn „bespielen“ muss.
Wenn ich oder er, in die Rolle der „liebevollen Mutter“ rutschten, die sich um das kleine Mädchen oder den kleinen Jungen kümmern, dann verlor sich die Begegnung auf Augenhöhe.
Ich glaube oder anders, es ist meine Wahrnehmung, dass in vielen Partnerschaften, dieses „Spiel“ abläuft. Dass beide immer wieder die Rolle des Kindes inne haben und kaum wieder da raus kommen. Das ist bitter und schmerzlich und oft wenig erfüllend für beide. Beide bleiben unterernährt, das „Kind“ sehnt sich nach bedingungsloser Liebe und die Sexualität beginnt zu schwinden, denn ein Kind will nicht mit dem erwachsenen Mann, der erwachsenen Frau Sex haben. Der Erwachsene beginnt zu leiden, vermisst Liebe, Begegnung auf Augenhöhe und ja, auch den Sex …
Dies alles geschieht in den vielen Beziehungen absolut unbewusst… Dann stehen da zwei Menschen voreinander die sich nur noch Vorwürfe machen, unzufrieden mit dem anderen sind, sich beide ungeliebt fühlen …
Ein Teufelskreis aus dem immer wieder Auszusteigen wichtig und unumgänglich ist. Kein Mann, keine Frau, kann dem kleinen Mädchen, den kleinen Jungen, je das Geben was es vermisst, was es nie kennengelernt, was es nie bekommen hat. Das bleibt eine leere Stelle. Ich glaubte fest daran, dass diese Leere nachträglich gefüllt, geheilt werden kann, indem man wahrnimmt, wenn aus dem kleinen Mädchen/Jungen heraus agiert wird und soviel Bewusstsein da ist, sich dann liebevoll um sich selbst zu kümmern. Sich deswegen nicht verurteilen, beschimpfen etc. Was das innere, verlassene Kind besänftigt ist, dass wenn auf meinem Lebensschiff die erwachsenen Frau Kapitän ist, wenn die erwachsene Frau Königin in meinem Leben ist … Eine liebevolle, achtsame, lebendige, kraftvolle Königin die achtsam, respektvoll mit sich und damit automatisch mit anderen umzugehen weiß … Die aus dem offenen Herzen lebt …
Gemaltes Bild meiner Tochter als sie noch Kind war – ziemlich gut getroffen 🙂
22. August 2024 🙂
Doch ich bin wieder einmal reich beschenkt worden. Das Wahrnehmen des kleinen Mädchens vor einem Jahr, all die tiefen und nicht immer angenehmen Prozesse die mir mit Konrad geschenkt wurden, waren aus meiner Sicht, ein weiterer Prozess der Erlösung von den Kindheitstraumata – die sich jedoch mehr und mehr mit seinen Themen, die sich auch zeigten, verstrickten, so dass wir uns dann im Januar 2024 trennten. Auch das war ein heftiger Prozess für mich, der über fast sechs Monate eine so gewaltige Trauer in mir auslöste …
Ich kann dir sagen, es war wirklich heftig aber ich wusste und habe schon lange das Vertrauen, dass alles vorüber geht und danach es Stufe um Stufe leichter wird. Dass mein wahres SEIN von Liebe und Lebensfreude immer wieder weiter die Räume der einstigen Leere, der einstigen „Traumatas“ füllen.
Namaste,
Michèle