Es war ein Sonntag im Sommer 1966 als ich auf der Terrasse des Restaurant meiner Eltern stand und wie jeden Sonntag, wenn die Sonne schien, darauf wartete, dass ich den Klang der Motorräder der jeweils durch die Schlucht hallte, höre. Fasziniert schaute die 5jährige zu, wie ein Motorrad nach dem Nächsten den Parkplatz vor dem Restaurant erreichten. Wie die Motoren verstummten, die Frauen hinter den Männern sitzend erst abstiegen. Dann der Mann und wie das Motorrad leicht schräg auf den Ständer gestellt wurde … Damals an irgend einem dieser Sonntag war ich wohl in einem „Ausnahmezustand“ oder wie auch immer man dies benennen könnte. Und nein, ich hatte weder Alkohol noch Drogen zu mir genommen, war ja schließlich erst 5 Jahre alt …
WENN ICH GROSS BIN, DANN …
… werde ich auch Motorradfahren, aber ich werde nicht wie diese Frauen hinten sitzen, sondern selbst fahren.
Dies war vor über 40 Jahre wirklich nicht üblich. Mit 21 Jahren machte ich meine Motorradprüfung mit einer 125er Enduro. Damals mussten man noch 2 Jahre erst 125er fahren, bevor man eine neue Prüfung für größere Motorräder machen durfte.
Zwei Tage nach der Prüfung, wir, mein damaliger Verlobter Peter und ich hatten bereits über Monate eine Reise mit den Motorrädern durch die Wüste geplant. Unser Inspiration und Abenteuerlust wurde durch das Rallye Paris – Dakar gefüttert. Also luden wir meine 125er und seine 550er in einen Fiatbus, in dem wir auch schlafen können und fuhren Schnee und Kälte los Richtung Italien um die Fähre nach Tunis zu nehmen. Nein keine Angst, ich werde mich beherrschen und nicht alle Details und Vorkommnisse dieser 6wöchigen Reise erzählen
Nur das eine, ein wirklich cooles Erlebnis, von vielen: Wir waren in Tamanraset und da gab es hoch auf einem Gipfel eine Aussichtsplattform. Der Weg da raus war wirklich, wirklich steil. Wenig Erfahrung, hinter mir bereits einen ziemlich heftigen Sturz durch eine Sandverwehung schaute ich hoch und dachte nur: Okay, erster Gang und los. So fuhr ich da hoch. Ich wusste, wenn ich bremse, wenn ich Angst bekomme, dann ist es vorbei – dann fliege ich auf dieser Schotterpiste mit großen Steinen gespickt, fürchterlich auf die Schnauze und das war`s dann … Und ja, wir fuhren selbst bei der größten Hitze mit Lederkombi, dicken, kniehohen Endurostiefel, Helm, Handschuhen … Sonst hätte ich wohl heute kein Gesicht mehr als ich das Jahr drauf in der Türkei einem Taxibus ausweichen musste, welches auf einer Piste mit rasender Geschwindigkeit auf mich zu kam. Ich flog über mein Lenkrad durch die Luft – danach konnte ich nicht mehr aus dem Visier des Helmes schauen, weil es so tiefe und so viele Kratzer hatte. Klar, wie hatten Ersatz dabei …
Aber zurück nach Algerien, Tamanraset zu meinem Aufstieg auf die Plattform. Klar auch, dass alle anderen Motorräder von 550 aufwärts waren. Wer fährt schon mit einer 125er durch die Wüste … hihihi … ICH. Lach. Es standen an die acht Motorräder oben und die Fahrer schauten meiner im ersten Gang Raserei zu. Anders als mit Vollgas und eben im ersten Gang wäre ich mit der 125er nie hoch gekommen. Als ich oben auf der Plattform ankam, versammelten sich alle Fahrer um mich. Denn eben, wer fährt schon mit einer 125er durch die Wüste … Ja, ich hatte die Bewunderung von zirka acht Männer, dass ich es mit der 125er überhaupt geschafft habe, oben anzukommen. Ziehe meinen Helm aus und der eine Mann, der direkt vor mir stand rief in dem Moment wo der Helm weg war aus: „MAN, DU BIST JA EIN MÄDEL!“
Ich glaube es war für einen Moment so still, dass man eine Stecknadel hätte in den Sand auf der Plattform, hätte fallen hören können. Es war auch vor 40 Jahren nicht „normal“, dass Frauen nicht hinten auf dem Motorrad saßen und noch viel weniger, dass eine Frau auf dem eigenen Motorrad durch die Wüste, in das Abenteuer für ganze Männer, löste bei den Jungs wirklich Respekt und Achtung aus. War ein echt cooles Gefühl.
EIN BUCH SCHREIBEN
An diesem Sonntag 1966 auf dem Parkplatz vor dem Restaurant meiner Eltern nahm sich das kleine 5jährige Mädchen aber noch ein paar andere Dinge, welches es die Absicht hatte, in seinem Leben, wenn es groß ist, zu tun …
Ein Buch schreiben. Ich kann dies nicht genau mit Worten beschreiben. Aber in mir war das Gefühl, dass ich ein Buch schreiben werde/möchte, dass die Menschen so sehr berührt, dass alles Böse, alle
Gewalt, alle Lügen und so weiter, aus den Menschen raus nehmen wird …
Nein, ich habe es noch immer nicht geschrieben, obwohl ich bereits ein Buch schrieb welches ich nur kurz auf dem Markt hatte, da mein im Jahr 2014 aus dem Hamsterrad katapultiert hatte, mich dazu führte, nach nur knapp einen halben Jahr, dass Buch wieder vom Markt zu nehmen. Ich hatte einfach keine Kraft, auf die Fragen und Feedbacks einzugehen und ich wollte meine Vergangenheit Ruhen lassen …
EIN MANN, EIN HAUS, ZWEI KINDER, EIN HUND UND KATZEN
Ich werde meinen Kindern all das Geben, was ich so schmerzlich vermisse.
In meiner Kindheit spielte sich immer wieder die gleiche kurze Szenen ab: Ich stehe mit einem Kleinkind auf dem Arm und eines etwas größeres Kind, welches mein Bein umschlingt, hinter uns eine Schaukel auf grüner Wiese, einen Hund und Katzen, vor dem Haus. Das weiße Gartentor ging auf und mein Mann, der Vater meiner Kinder kommt nach der Arbeit nach Hause und läuft auf uns zu. Sein Gesicht strahlt vor Freude, dass es uns in seinem Leben gibt …
Okay, mein Leben verlief mit vielen abenteuerlichen Tiefst und Hoch. Dies Szene wurde so nicht Realität. Doch das war auch nicht das was die 5jährige als Absicht hatte sondern: Ich werde meinen Kindern all das Geben was ich selbst von meinen Eltern schmerzlich vermisse: Liebe. Geborgenheit. Sicherheit. Die sein zu dürfen die ich bin.
Sicher ja, auch ich habe Fehler als Mutter gemacht, dass weiß ich. Ich kann mich an ein Gespräch erinnern mit meinen Chef, ein systemischer Familienaufsteller, da war meine Tochter so sieben oder acht, als ich zu ihm, meinen Chef sagte: Ich wünsche mir, dass ich mein Kind NIE verletze, dass ich keine Fehler mache, die sie später als Erwachsenen quälen. Mein Chef antwortete mir: „Frau Pellegrini, stellen sie sich vor, dass würde ihnen wirklich gelingen, dass sie absolut Fehlerfrei sind. Sie würden ihrer Tochter keinen Gefallen tun im Gegenteil, sie würden ihr eine riesige Last aufbürden. Sie würde nämlich glauben, dass sie auf gar keinen Fall Fehler machen darf und das wäre ein wirklich schwieriges Leben … Ich hatte sofort verstanden.
Geblieben ist aber trotzdem, dass die Fehler die ich machte und die meine Tochter verletzten oder die jetzt als Erwachsene ein zu überwindende Herausforderung auf ihrem Weg ist, mir weh tut. Ich hätte mir trotzdem gewünscht, den Menschen den ich lieben NIE zu verletzen …
Es zeigt aber auch, dass wenn wir andere Menschen verletzen, aus mangelnder Erfahrung es anders zu machen, verletzen wir auch immer gleichzeitig uns selbst. Nicht nur im Bezug auf unsere Kinder sondern im Bezug zu allen Menschen in unserem Leben.
LIEBEN LERNEN
Die wichtigste Absicht der damals 5jährigen war es jedoch, Lieben zu lernen. Dann was sie wahrnahm zwischen den Erwachsenen war nicht das was sie an Liebe in ihrem Herzen hatte. Es war höchst verwirrend bis schockierend.
Und ja, so langsam beginne ich wirklich zu LIEBEN.
Gestern fand ich ein Video mit einem Gedicht von Hermann Hesse, dass genau das in Worte fasst, was ich heute als LIEBE empfinde und lebe. Und dies auch NUR weil es die drei Jahre mit Konrad und unseren beider „toxischen“ Anteile, die sich im Laufe der drei Jahren immer mehr miteinander verhedderten … bis wir beide wussten, dass wir uns nicht mehr gut tun. Dass wir da nur noch raus kommen, wenn wir uns trennen. Es wurde für beide zu verletzend.
Hermann Hesse, Je älter ich wurde
Der schönste Satz für mich ist der Letzte: Liebe ist Weise gewordene Begierde; Liebe will nicht haben, Liebe will nur Lieben.
RAUS AUS DEM OPFERFELD NARZISSMUS
Ausschnitte aus einem Feedback von einem lieben und langjährigen Herzmenschen zu meinem Beitrag, Opfer von Narzissmus
„Ich sehe das ein bisschen anders, liebe Michèle. Für mich ist das, was du gerade schreibst nicht Neutralität, eher wieder eine Phase, in der eigene selbst-toxische Anteil, das empathische Mitgefühl für den Narzissten wieder bissel die Oberhand gewinnt. In der Phase vergisst man leicht emotional ein bisschen die tiefen Entwertungen, die in der Beziehung stattgefunden haben, denn das Mitgefühl
für die Verletzung der anderen, dass sie narzisstische Strukturen annehmen „mussten“ um zu überleben, rückt emotional in den Vordergrund und überschreibt die eigenen Verletzungen …“
WICHTIGE HINWEISE DER HEILUNG
Das ganze Feedback*, welches WIRKLICH lesenswert ist und durchaus WICHTIGE Hinweise der Heilung von toxischen (narzisstischen) Beziehungen beinhaltet, hat mich tief in mir sehr beschäftigt, mir aber gleichzeitig letzte Nach einiges über mich und meinen Weg klar gemacht und dafür bin ich so Dankbar.
Das ganze Feedback kann in Facebook unter dem Beitrag gelesen werden. Deva, meine liebe Freundin, zeigt wichtige Schritte der Erkenntnis auf, die erst getan werden müssen, bevor man soweit ist, das Feld wirklich erlöst und in Frieden mit sich und seinen „Mitspieler“, Frauen wie Männer, hinein kommt.
Ein wichtiger Schritt der Heilung für MICH ist es, mir selbst zu vertrauen, meinen Weg zu gehen, auf meine innere Stimme hören.
DURCH DIE WUNDEN STRAHLT GOTTES LIEBE
Verdränge ich was war? Nein. Aber ich habe mich davon gelöst, mich als Opfer zu fühlen. Damit aufgehört sein SEIN als Ansätze eines verdeckten Narzissten zu sehen – sondern zu fühlen, welche Last und Not und Ängste vor Nähe, vor der Liebe in ihn implantiert haben …
Zu früh um ins Mitgefühl zu gehen? Nein, ich füttere nur den dunklen Wolf nicht mehr.
Der schwarze und der weiße Wolf
Und, es ist aus meiner Sicht NIE zu früh, dem eigenen Leiden an der Vergangenheit heraus zu kommen. Was geschah, war eine Aufführung zu zweit, waren zwei verletzte Kinder die sich nach Liebe sehnen und beide waren wir, durch die Konditionierungen dessen was jeder von uns glaubte was Liebe ist, beide schlussendlich nicht nur überforderte sondern auch die innere Unfreiheit zu Tage förderte.
Es gibt keinen Grund, Menschen von denen ich mich verletzt, gebrochen, aufgerissen fühle zu hassen. Für mich gibt es keinen Grund. Wäre in meinem Leben nicht der Punkt gekommen, wo ich die Not, den Schmerz, die Überforderung, die Gefangenschaft in der Dunkelheit, in der meine Eltern steckten NIE gefühlt … keine Ahnung wo ich heute wäre.
Was für mich gilt, muss für niemanden so sein. Ich weiß für mich und bin davon total überzeugt, dass in allem Schmerz den wir erfahren IMMER der Samen des Lichts enthalten ist. Dass das was wir erleben immer geführt ist um uns aus alten tief verankerten Programmen der Trennung zur Liebe, zu Gott, enthoben zu werden.
Wie also könnte ich auf Dauer einen Menschen, einen Bruder, eine Schwester für das was wir zusammen erlebt haben Verurteilen. Richte nicht, damit du nicht gerichtet wirst …
UND ERLÖSE MICH VON DEM BÖSEN
Letzte Nacht war echt zapfig. In mir wuchs gerade eine Samen der Angst zu einem immer größer werdenden Schatten. Ich schreckte bei jedem Geräusch zusammen. Ich bettete zu Gott, dass er mich aus dieser mich schier verschlingenden Angst heraus holt und da viel mir ein Satz ein, von dem ich gar nicht wusste, dass ich ihn „kenne“ …
… erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Immer und immer sprach ich diese Zeile von der ich erst heute Morgen als ich im Internet nachschaute erfuhr, dass es eine Zeile aus dem Vaterunser ist, welches ich kaum kenne.
Es half erst einmal nicht. Dann hörte ich: Nimm die Angst an. Lass sie einfach da sein.
WOW, was dann geschah war echt abgefahren … Es wurde ruhig in mir und über meinem Kopf schien ein Licht durch die Decke, wie ein heller Stern oder wie der Schein einen starken Taschenlampe. Ich lag seitlich, ich drehte ihn und … da war wirklich ein ganz hell weiß strahlendes Licht, der wie ein kleiner Stern aussah …
Ich habe gefühlt, dass die Herausforderung immer und immer wieder ist, sich in Gottes Hände zu legen. Ihm meine Ängste, meinen Schmerz, meine Widerstände, meine VERURTEILUNGEN zu überlassen um die LIEBE zu sein, die „er“/wir sind.
KEINE VERDRÄNGUNG
Sondern HEILUNG aus der Verurteilung, aus dem Bösen, welches im Endeffekt, wenn es keinem andern schadet, dann doch mir selbst. Meine geistige und körperliche Gesundheit beeinträchtigen, meine Lebensfreude negieren kann.
FINDE DEINEN WEG RAUS AUS DEM BÖSEN
Ja, toxische Verbindungen sind das „Böse“ und wir tun gut daran, uns aus solchen Verbindungen von denen wir uns Missachtet, Abgewertet, vielleicht gar bedroht, Angriffen etc. fühlen, zu distanzieren. Ja, den Kontakt wo möglich gar abbrechen bis ich mit dem was geschah und was ich zugelassen und mitinziniert habe, geheilt, in Frieden, in die Auflösung von Wertungen und Urteilen, vollbracht ist – was nicht bedeutet, wie Konrad und ich es nun wieder können, erneut in Verbindung mit dem Du zu kommen. Das muss nicht sein. Was aber geschehen darf ist die eigenen Anteile zu erkennen und zu erlösen und das was geschah als ein Akt der Liebe Gottes zu erkennen. Denn in allem was uns geschieht, ist ein Diamant, ein Geschenk verborgen, welches die Trennung zu uns selbst, zur LIEBE, zu Gott aufheben soll.
Namaste,
Michèle – Geschichtenerzählerin und Botschafterin zwischen den Welten