In der gerade hinter mir liegenden Nacht spukten die Schatten der Vergangenheit um mich, in meinen Gehirnwindungen herum. Ich nehme ihre Einlandung zum Tanzen an. Ich bin bereit, zurückzublättern und diese Seite meines Lebensromans zu durchfühlen. Ich bin bereit mit dem Schatten zu tanzen um dann festzustellen, dass es nur ein Schatten der Vergangenheit ist.
Die Musik verklingt. Stille.
Denken, Interpretieren, sich selbst über vergangene Geschichten zu erzählen, meist immer und immer und immer wieder die gleichen, sind begleitet von den vergangenen Gefühlen und sie fühlen sich so real an. Sind sie aber nicht. Es ist ein Schatten der Vergangenheit. Es geschieht nicht JETZT. Es ist ein Eintauchen in etwas was JETZT nicht mehr existiert. Nicht JETZT geschieht.
Wenn ich dann einfach ruhig atme und hin fühle, dann löst sich der Schatten auf und öffnet die Unendlichkeit, den Raum der unendlichen „Bibliothek“ in der was IST, das „Ding“ ohne Anfang und Ende, kurz erfasst wird.
Es geht nichts verloren
Vor einigen Jahren habe ich mich beim Basteln in den Finger geschnitten und ging dann am nächsten Tag, aufgrund von ziemlichen Schmerzen in im Finger, ins Krankenhaus.
Arzt: “ … wir versuchen es. Ich vermute jedoch, wir werden ihn am Ende, abnehmen müssen.“
Genäht und mit einem Verband um den Daumen verließ ich das Krankenhaus.
Löschen. Irgendetwas „sagte“ mir: Dieser Satz „muss“ gelöscht werden. Darf sich nicht in meinen Hirnwindungen ausbreiten. Ich behalte meinen Daumen. PUNKT
Obwohl das behalten meines Daumens für mich klar und sicher war, fragte ich mich spaßes- oder umständehalber, was würde ich verlieren und da wurden mir zwei „Dinge“ klar:
Ich bin nicht mein Daumen.
Der Daumen ist ewig.
Mit dem Verstand ließ sich dies nicht (er)fassen und Worte habe ich „dafür“ bis heute keine.
Ich .. bin … EWIG
Ich/es, alles, verändert lediglich die Form.
Beispiel mein Daumen:
Er zersetzt sich oder was weiß ich, wird als „Abfall“ verbrannt. Was dann von ihm übrig bleibt, ist „mein“ Daumen in einer anderen Erscheinungsform. Er ist Ewig. Wo soll er den hin? Er bleibt in einer anderen Form immer …
Ich werde weder geboren noch sterbe ich – ich wechsle lediglich die Form (die Illusion).
Mir ist dies schon sehr lange diffus bewusst. Ich bin nie ganz in der Materie angekommen. Dieser Prozess wurde in einer Nacht zerstört. In der Nacht als ein großer, schwerer Schatten auf dem nicht mal 4jährigen Mädchen lag. Was davon in meinem Oberstübchen abgespeichert ist, ist, dass es dunkel im Zimmer war, dass da ein großes, dunkler, schwerer Schatten auf mir lag und ein fürchterlicher Schmerz, in meiner rechten Schulter und dann minimini kurz in meinem Unterleib … und dann wurde ich dem Geschehen enthoben. Schaute kurz zurück. Sah den Schatten unter mir sich seltsam bewegen und schon war ich in warmes Licht gehüllt. Keine Schmerzen. Kein „Miterleben“. Ich war in Sicherheit. Fühlte mich geborgen, zu Hause. Es gefiel mir. Ich fand es total schön dort. Heiter. Unbelastet. Einfach cool.
Mehr weiß ich nicht mehr. Wie und weshalb es zurück auf die Erde, in den Körper ging, weiß ich nicht mehr. Auch nicht wie sich das kleine Mädchen die Tage danach fühlte. Ob es normal am Morgen aufgestanden ist. Ob es ein paar Tage mit einem Fieberschub, der lange mein Leben begleitete, im Bett lag? Ob sich da „mir“ diese Fluchtmöglichkeit auftat? Flucht in ein so hohes Fieber, dass ich nichts mehr außerhalb von mir mitkriegte und mich jeweils erholen konnte. Diese Fieberschübe begleiteten mich über 20 Jahre, bis mir klar wurde, dass immer dann wenn mir alles zuviel wird, zu chaotisch im Außen, oder sich das Leben bedrohlich für mich anfühlte, erlöste mich das Fieber daraus. Als mir diese Geschehen, die Schutzfunktion vor dem Schmerz, vor dem Leben klar wurde, kamen sie nicht mehr. Ich hatte mit dem Schatten getanzt und er hat seinen Dienst als „Fieber“ quittiert.
Ich bin das, was ich nicht bin
Das was übrigbleibt, wenn „ich“ es schaffe zu sehen (fühlen/erfahren), dass „ich“ nicht meine Geschichte, nicht das Erlebte, das irdische Erleben bin.
So tanzte ich über viele Jahre mit jeden einzelnen Schatten der Vergangenheit und heute kann ich mir diese Seite aus meinem Lebensroman anschauen und es bleibt Frieden in mir. Kein Groll mehr. Kein Schmerz mehr. Keine Hadern mehr. Kein, wäre dies nicht gewesen, dann … wäre mein Leben viel besser gelaufen …
Ja, es wurden viele Schatten in meiner Kindheit installiert. Was soll´s. Es ist nicht zu ändern. Jedoch JETZT weiß ich, ich bin nicht meine Kindheit, nicht meine Vergangenheit.